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Pressemitteilung
Betroffene sexualisierter Gewalt brauchen Unterstützung – ganz konkret
Fachberatungsstellen versammeln sich zum Europäischen Aktionstag und fordern Lösungen
Am 18.11.2017 findet zum dritten Mal der Europäische Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch statt. Mit diesem neuen europaweiten Aktionstag rückt ein wichtiges Thema in den Mittelpunkt, das alles andere als neu ist: sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Auch wenn Europa und der Bund das Thema immer sichtbarer machen, gibt es weiterhin nicht genug Unterstützungsangebote für Betroffene. Deswegen treffen sich diese Woche zahlreiche Fachleute für einen Fachtag und eine Vollversammlung der Fachberatungsstellen in Berlin um Lösungen für dieses Dauerproblem zu entwickeln.
Diese Veranstaltungen werden von der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend (BKSF) organisiert. Die BKSF ist die neue politische Interessensvertretung der Fachberatungsstellen und wird vom Bund gefördert. Sie setzt sich aktiv für eine bedarfsgerechte Versorgung von Betroffenen ein. Anlässlich des Aktionstags reisen über 150 Fachleute, darunter viele Mitarbeiter*innen aus spezialisierten Fachberatungsstellen, aus dem gesamten Bundesgebiet an. Gemeinsam wollen sie Wege aus dem Versorgungsnotstand finden und Forderungen an die Politik tragen. „Wir wünschen uns, dass Bund und Länder sich endlich gemeinsam und zuverlässig um das Thema kümmern,“ meint Barbara David vom Fachstellenrat der BKSF, die seit 28 Jahren in einer spezialisierten Fachberatungsstelle tätig ist.
Zwar hat sich seit der Enttabuisierung des Themas in den 1980ern viel getan: Die Aufarbeitungskommission untersucht die Missbrauchsgeschichte in unserer Gesellschaft und eine Kampagne des Unabhängigen Beauftragten im Bund setzt sich für Schutzkonzepte in Schulen ein. Betroffene werden durch Kampagnen wie #metoo immer sichtbarer. Eine dauerhafte Baustelle bleibt aber ihre Versorgung und Unterstützung. Spezialisierte Fachberatungsstellen sind dabei oftmals die ersten Anlaufstellen. Durch fachlich fundierte Beratung und therapeutische Angebote ermöglichen sie Betroffenen schnell und unbürokratisch Wege zur Bearbeitung ihrer Gewalterfahrungen. Auch für Angehörige und für Institutionen, in denen es zu sexualisierten Übergriffen gekommen ist, sind sie wichtige Partner*innen. Viele Fachberatungsstellen sind jedoch unzureichend finanziert oder müssen jedes Jahr aufs Neues dafür kämpfen, dass es weitergehen kann. Gleichzeitig wächst durch die zunehmende Sensibilisierung die Arbeitsbelastung. „Wir haben hier einen Notstand, der zulasten von engagierten Fachkräften und Betroffenen geht,“ sagt Katrin Schwedes, Leiterin der BKSF. „In manchen Regionen fallen bis zu 200 Kilometer Fahrtweg an. Besonders schwierig ist es für spezifische Gruppen, etwa betroffene Jungen und Männer. Für sie gibt es bundesweit nur sieben spezialisierte Beratungsangebote. Das passt überhaupt nicht mit den Betroffenenzahlen zusammen“, so Schwedes.
Zwar erleben wir gerade eine globale Debatte um sexualisierte Gewalt. Auf der politischen Ebene passiert in Deutschland jedoch wenig Konkretes für Betroffene und das Hilfesystem – sei es in den Sondierungsgesprächen im Bund oder in den Ländern, wo oft Aktionspläne fehlen. Um das zu verändern, fahren auch Mitarbeiterinnen vom Frauennotruf und dem Präventionsbüro Ronja aus Westerburg diese Woche zur Vollversammlung nach Berlin.