MdB Gabi Weber und Frauen gegen Gewalt e.V. Westerburg
begrüßen die Neuregelungen des § 177 StGB
[Berlin, Westerburg] Der Deutsche Bundestag hatte in einer historischen Abstimmung im Juli 2016 einstimmig eine grundlegende Reform des Sexualstrafrechtes und damit einen besseren Schutz der sexuellen Selbstbestimmung beschlossen. Am 10.11.2016 traten die Neuregelungen nun in Kraft.
„Für den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung in Deutschland haben wir lange mit unseren Kolleginnen gekämpft! Es wird endlich auch in Deutschland die Anforderung der Istanbul-Konvention umgesetzt, wonach alle nicht-einverständlichen sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen sind!“, freuen sich die Mitarbeiterinnen des Frauennotrufes Westerburg. Sie hatten im Vorfeld der Lesung im Bundestag MdB Gabi Weber zu Besuch, die sich eingehend über die Aspekte informierte. „Dieses Gesetz ist ein Meilenstein.“ begrüßt auch Gabi Weber die Reform. „Es ist ein sexueller Übergriff nun auch strafbar, wenn er gegen den erkennbaren Willen einer Person ausgeführt wird. Es kommt nicht mehr darauf an, ob eine betroffene Person sich gegen den Übergriff gewehrt hat, warum ihr die Abwehr nicht gelungen ist, Gewalt angedroht wurde oder zur Anwendung kam.“
Mit der Reform wird auch die Ungleichbehandlung im Strafrahmen bei Betroffenen mit Behinderung abgeschafft, bisher war ein sexueller Übergriff gegen eine ‚widerstandsunfähige‘ Person mit geringerer Strafe bedacht. Nach dem neuen Gesetz kann ein Übergriff gegen eine Frau mit Behinderungen härter bestraft werden. „Das ist ein stärkendes Signal für alle Frauen mit Behinderungen, die ja überproportional häufig Übergriffe erleben“, freut sich die zuständige neue Mitarbeiterin im Frauennotruf Kirsten Howind-Vieregge.
Ganz neu eingeführt wird der Straftatbestand der sexuellen Belästigung. Dadurch sind künftig auch Übergriffe strafbar, die bislang als nicht erheblich eingestuft waren. „Wir bedauern die tragischen Vorfälle in der Silvesternacht, die der Reform politischen Auftrieb gegeben haben, und kritisieren bei aller Freude die gleichzeitige Ergänzung, dass mit der Gesetzesänderung auch Ausweisungen erleichtert werden sollen. Bei sexueller Gewalt haben wir es mit einem gesamtgesellschaftlichen Problem zu tun, das alle unabhängig von ihrer Herkunft betrifft“, so Claudia Wienand vom Präventionsbüro Ronja. „Wir befürchten negative Auswirkungen und werden daher die Anwendung des Gesetzes kritisch beobachten. Sexuelle Übergriffe werden immer schwer zu beweisen sein und es wird nicht mit einem sprunghaften Anstieg der Anzeigen zu rechnen sein. Aber das Signal der sexuellen Selbstbestimmung und Würde ist ein deutliches Zeichen der Reform. Die Botschaft ist jetzt ganz klar: Wer ein NEIN ignoriert, tut Unrecht.“.
Das neue Gesetz kann hier heruntergeladen werden: Bundesgesetzblatt
Weitere Informationen zum Gesetz und zur Debatte im Vorfeld: bff – Frauen gegen Gewalt e.V.
In Deutschland erlebt ca. jede 7. Frau mindestens einmal in ihrem Leben sexualisierte Gewalt. Höchstens 15% der Taten werden angezeigt, weniger als 10% davon verurteilt.
V.i.S.d.P. Claudia Wienand